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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 26.01.2004


Grüße aus Dachau. (K)eine Vergangenheitsbewältigung.
Hilde Meier

Der Dokumentarfilmer Bernd Fischer wirft einen kritisch-ironischen Blick auf seine historisch belastete Heimatstadt, auf ihre BewohnerInnen und fragt nach Statements zu früher und heute




Im März 2001 präsentierte sich Dachau zum ersten Mal auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin.
Die nach Neuschwanstein meistbesuchteste deutsche Stadt will für ihre Schönheiten werben, denn der Besucheransturm gilt ausschließlich dem ehemaligen Konzentrationslager, der heutigen Gedenkstätte.

Bernd Fischer, Jahrgang 1964, Dokumentarfilmer, stammt aus dieser bayerischen Kleinstadt. In München geboren, hat er nach eigenen Aussagen "seine Kindheit im Schatten der Mauer verbracht". Sein neuer Film behandelt aber nicht die Ost-West-Problematik, denn gemeint ist die Mauer des Konzentrationslagers Dachau, der heutigen Gedenkstätte. Die Stadt hat heute an die 30 000 EinwohnerInnen, beinahe genau so viele Menschen wie im KZ Dachau von den Nationalsozialisten ermordet wurden.

Vom 23.-25. Januar 2004 präsentiert der Rundfunk Berlin-Brandenburg gemeinsam mit dem Hackesche Höfe Filmtheater das Dokumentationsfilmprojekt "Meine Heimat", bei dem unter anderen "Grüße aus Dachau" vorgestellt wird.

In der Draufsicht auf seine historisch belastete Heimatstadt läßt Bernd Fischer alle zu Wort kommen, die in Dachau etwas zu sagen haben und etwas sagen möchten:
Die Hebamme, den Republikaner, den Bürgermeister, den Pressesprecher der Polizei, BesucherInnen des KZ Dachau-Gedenkstätte, die Stadtführerin, die Nonne und den Überlebenden der Konzentrationslager Auschwitz und Dachau, Max Mannheimer.
"Wie lebt es sich heute als Dachauer?" fragt er alle.

Zwei Beispiele aus dem Film erwecken Unbehagen, provozieren zum Nachdenken: Die Antwort der Hebamme: "Viele Frauen bringen ihre Kinder in München zur Welt, damit als Geburtsort nicht Dachau im Ausweis steht" und der Dachauer, der in Amerika mit seiner Kreditkarte der Sparkasse Dachau bezahlen wollte und gefragt wurde: "Wieso hat ein Konzentrationslager eine Sparkasse?"

Als Dokumentarfilmer entwickelte Bernd Fischer seinen eigenen Stil, wie im "Glanz von Berlin" bereits zu sehen war. Der gelernte Filmemacher studierte zuerst Fotografie, besuchte dann die Hochschule für Film und Fernsehen und arbeitet heute auch als Kameramann.

"Grüße aus Dachau" lief bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin 2003. Mit ihm kommt ein höchst interessanter, auch teils ironischer Film ins Kino, der ebenso wichtige wie kontroverse Diskussionen hervorrufen wird.

Die offiziellen Seiten der KZ-Gedenkstätte Dachau
www.kz-gedenkstaette-dachau.de
Auf dem offiziellen Online-Angebot stellt die Stadt sich vor.
www.dachau.de




(Regie, Buch, Kamera): Bernd Fischer
Schnitt: Inge Schneider
Deutschland, 2003
78 Minuten
Mit Max Mannheimer, Schwester Elia, Brunno Schachtner, Anni Härtl, Robert Konopka, Barbara Diestel, Peter Bürgel, Dieter Schafflik und vielen anderen
Verleih: Timebandits Films, Potsdam
Kinostart: 25.01.2004

Mit im Programm "Meine Heimat" sind die Filme:

  • "Frankfurter Tor"
    von Volker Koepp
  • "Hinter den Bergen". Ein Heimatfilm
    von Heiner Sylvester/Heinz Brinkmann
  • "Quartier der Illusionen"
    von Helke Misselwitz


  • Ort: Hackesche Höfe Filmtheater
    23.- 28. Januar 2004


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Beitrag vom 26.01.2004

AVIVA-Redaktion